Das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen gewinnt zunehmend an Zuspruch. Neben Holz gibt es weitere nachwachsende Pflanzenbaustoffe wie Schilf, Gras und Stroh, die jedoch meistens nur für einfache Dämmzwecke verwendet werden. Eine vielversprechende Ausnahme bildet die Typhapflanze (Rohrkolben), die sowohl dämmende als auch tragende Funktionen in der Architektur erfüllen kann. Dieses Potenzial wird nun an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) unter der Leitung von Prof. Manfred Lux erforscht.

 

In einem einwöchigen handwerklichen Workshop, der Teil des Forschungsprojektes „Green Container“ ist, werden Bauteile aus Typha gefertigt. Die Teilnehmer stellen aus Pflanzenbestandteilen und einem Bindemittel Rahmen im Maßstab 1:1 her, die anschließend zu einem Container zusammengefügt werden. In den letzten Jahren hat Prof. Lux in seinem Lehrgebiet diverse Verbundstoffe aus Rohrkolbenfasern und verschiedenen Bindemitteln entwickelt.

 

Die aktuelle Forschung wird in Zusammenarbeit mit der Universität Greifswald durchgeführt. Dabei werden neu geerntete Pflanzen von Versuchsanbauflächen aus Neukahlen in Mecklenburg-Vorpommern verwendet. Es ist das Ziel dieser Kooperation, ein erstes kleines Einraumgebäude, möglicherweise ein Tinyhaus, zu schaffen, das in den Gebäudeteilen tragende und dämmende Eigenschaften in einer Ebene zugleich aufweist. Das Projekt ist fachbereichsübergreifend angelegt und integriert Wissen aus der Tragwerksplanung, dem Maschinenbau und der Biokläranlagentechnik.

Der Green Container wird Schritt für Schritt entwickelt. In den ersten Versuchsreihen wurde der Faserverbundwerkstoff anhand von 100 Probekörpern weiterentwickelt. Schließlich wurden 1:1 Probekörper hergestellt, die in einem Stecksystem konstruktiv zusammengefügt werden. Am Ende des Projektes soll ein Prototyp für einen „Green Container“ entstehen, der zukünftig energieaufwändig produzierte Metallcontainer ersetzen kann.

Der erste von 12 Rahmen für den Green Container ist nun im Rahmen eines Workshops mit Studierenden an der Detmolder Schule für Gestaltung hergestellt worden. Als Ergebnis wird das weltweit erste Klein-Gebäude entstehen, das in ausschließlich aus Typha-Faserverbundwerkstoffen besteht. Dieses Pilotprojekt ist jedoch nur ein Zwischenschritt auf dem Weg, mit Pflanzenbaustoffen ökologisch und zugleich ökonomisch zu bauen. Es soll beweisen, dass ökologische Architektur auch wirtschaftlich und rentabel sein kann.

Dieser Green Container wird als Demonstrator auf Wanderausstellungen in Nordrhein-Westfalen und vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin gezeigt, bevor er letztendlich als Kleingebäude verortet wird. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Öffentlichkeit für die zeitgemäße und kreislaufgerechte Herstellung ganzer Räume und Gebäude aus Paludikulturen wie dem Rohrkolben zu sensibilisieren.

Bei der Herstellung der Bauteile werden verschiedene Bindemittel getestet, welche dem Baustoff unterschiedliche Eigenschaften verleihen. Prof. Manfred Lux betont: „Die Wahl der Bindemittel ist entscheidend für die Umweltverträglichkeit unserer Baumaterialien. Wir setzen auf natürliche und nachwachsende Stoffe wie Stärke, Gluten und Casein. Unser Ziel ist es, ausschließlich Materialien zu verwenden, die sowohl leistungsfähig als auch umweltfreundlich sind, um dem Begriff „Nachhaltiges Bauen“ gerecht zu werden.“

Die Mitarbeiter Tim Cremer und Manuel Genath sowie die Studierenden der TH OWL ebnen durch ihr Engagement den Weg zu einer neuen Phase des nachhaltigen und ressourcenschonenden Bauens. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Green Container“ könnten die Bauindustrie revolutionieren und einen bedeutenden Beitrag zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks leisten.

Quelle: Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe